Das Funktionsprinzip des Sehorgans

Die Sehzellen

In der Netzhaut des Auges gibt es winzig kleine Sehzellen (15.000 auf einem qmm), die man Zapfen und Stäbchen nennt. Es existiert eine Hypothese, nach der die Stäbchen nur für Helligkeitssehen zuständig seien. Küppers vermutet dagegen, dass es auch die Aufgabe der Stäbchen sein könnte, die Anpassungs- und Korrekturmechanismen des Sehorgans auszusteuern. Von den Zapfen gibt es drei verschiedene Typen, die für verschiedene Spektralbereiche empfindlich sind. Ein Zapfentyp reagiert auf den kurzwelligen Bereich des Spektrums, einer auf den mittelwelligen und einer auf den langwelligen. Diese Sehzellen in der Netzhaut des Auges sind Quantensammler. Jeder Zapfentyp fängt Quanten derjenigen Wellenlängen ein, für die er sensibilisiert ist. Quanten sind kleinste Energiestückchen, also elektrische Daten.

Die Lichtstrahlen sind die Äberbringer von Daten, welche sich auf die Beschaffenheit und das Aussehen der "Auéenwelt" beziehen.

Querschnitt durch eine Netzhaut: Die Stäbchen (A), die Zapfen (B), Zellkerne von Zapfenzelle (C). Das Licht durchquert zunächst das Pigmentepithel (E), in welches Zellkerne (D) eingebettet sind.

Der Code

Für jeden Bildpunkt auf der Netzhaut wird durch die dort vorhandenen drei Zapfentypen ein dreiteiliger, elektrischer, organeigener Code gebildet. Dieser Code entsteht erst nach den Anpassungs- und Korrekturprozessen des Sehorgans. Er besteht aus einem Wert des für kurzwellige Strahlung empfindlichen Zapfentyps, einem Wert des für mittelwellige Strahlung empfindlichen und einem des für langwellige Strahlung empfindlichen.

Was die Aufgaben der Zapfen betrifft, gibt es ebenfalls verschiedene Hypothesen. Von der Farbmetrik wird heute die Gegenfarbentheorie bevorzugt, die dem System CIE-Lab zugrunde liegt. Nach den Forschungsergebnissen von Küppers erklärt diese Theorie aber in keiner Weise das Funktionsprinzip des Sehorgans und die daraus resultierenden Gesetzmäéigkeiten der Farbmischungen. Sie kann deswegen für die Farbenlehre, also für das Verstehen der Zusammenhänge zwischen den physikalischen, den physiologischen und den psychologischen Gegebenheiten des Sehens, keinen akzeptablen und keinen didaktischen Beitrag leisten.

Zwischen Farbreiz und Farbempfindung gibt es wegen der Adaptations- und Korrekturprozesse des Sehorgans keine feste Korrelation. Die feste Korrelation kommt erst zwischen dem Code und der Farbempfindung zustande.

Energiegleiches Spektrum des direkten Sonnenlichtes

Schematische Darstellung der Empfindlichkeitsbereiche der 3 Zapfentypen

Die den Zapfentypen zugeordnete Farbwahrnehmung

Die drei Urfarben

Der dreiteilige Datensatz des Codes für jeden Bildpunkt der Netzhaut wird über die Nervenbahnen ins Gehirn gesendet. Genaugenommen ist dieser Code natürlich noch keine Farbe, sondern ein elektrisches Signal. Aber von diesem Code hängt es ab, zu welcher Farbempfindung es im Gehirn des Betrachters kommt, welche Farbnuance er wahrnimmt.

Aus didaktischen Gründen wird das in Küppers' Farbenlehre deshalb so erklärt: Jedem Zapfentyp ist eine Empfindungskraft zugeordnet, die Urfarbe (Urf) genannt wird. Dem Zapfentyp, der auf kurzwellige Strahlungen reagiert, ist die Urfarbe Violettblau (Urf V) zugeordnet, denn wenn nur dieser Zapfentyp allein angesprochen ist, führt das zur Farbempfindung Violettblau. Wenn nur mittelwellige Strahlung vorhanden ist, reagiert das Sehorgan mit der Farbempfindung Grün. Deshalb sprechen wir hier von der Urfarbe Grün (Urf G). Und schlieélich führt langwellige Strahlung, die allein den betreffenden Zapfentyp erregt, zur Farbempfindung Orangerot und damit zur Urfarbe Orangerot (Urf O).

Als Urfarben bezeichnen wir die drei den Zapfentypen zugeordneten Empfindungskräfte des Sehorgans. Wir nennen sie Urf V, Urf G und Urf O.

Die den drei Zapfentypen zugeordnete Farbwahrnehmung

Die acht Grundfarben

Dass es drei für verschiedene Spektralbereiche empfindlichen Zapfentypen in der Netzhaut des menschlichen Auges gibt (siehe Urfarben), gilt heute weltweit als wissenschaftlich gesicherte Erkenntnis. Küppers zieht aus dieser Tatsache aber andere, neue Schlussfolgerungen: Wenn im Sehorgan diese drei Empfindungskräfte wirken, ergibt sich daraus logischerweise, dass acht extreme Farbempfindungen möglich sind. Diese acht maximalen Farbempfindungen bezeichnet er als Grundfarben (Grf). Sie ergeben sich auf folgende Weise:

Fundamental Colors Basic Colors
Keine Urf = Grf S
Urf V = Grf V
Urf G = Grf G
Urf O = Grf O
Urf V + Urf G = Grf C
Urf V + Urf O = Grf M
Urf G + Urf O = Grf Y
Urf V + Urf G + Urf O = Grf W

In Küppers' Farbenlehre haben die acht Grundfarben folgende Farbnamen: Schwarz (S); Violettblau (V); Grün (G); Orangerot (O); Cyanblau (C); Magentarot (M); Gelb (Y von yellow, weil das "G" für Grün ja bereits besetzt ist) und Weié (W).

Die acht extremen Empfindungsmöglichkeiten des Sehorgans werden als Grundfarben bezeichnet, und zwar als Grf S; Grf V; Grf G; Grf O; Grf C; Grf M; Grf Y; Grf W.

Das Problem der Farbnamen

Ein normalsichtiger Beobachter kann zwischen 100.000 und 1 Million Farbnuancen unterscheiden. Je nach Bildungsgrad verfügt ein Zeitgenosse in etwa über einem Sprachschatz von 2000 bis 6000 Wörtern. Im Prinzip ist jede unterscheidbare Farbnuance eine andere Farbe. Deshalb ist es absolut ausgeschlossen, Farbnuancen präzise durch Farbnamen zu kennzeichnen. So nimmt es auch nicht Wunder, dass die wenigen Farbnamen der Umgangssprache keine präzisen Farben meinen. Vielmehr meinen sie groée Farbbereiche. Rotkohl ist rot. Aber auch rote Haare sind rot. Und jemand wird rot, wenn ihm das Blut ins Gesicht steigt. Eine Zitrone wird ebenso als gelb bezeichnet wie Eidotter. Der Himmel ist blau, aber auch der Anzug eines Flugkapitäns.

Aber es gibt noch ein zweites Problem: In verschiedenen Branchen und in der Literatur werden gleiche Farbnamen für ganz verschiedene Grundfarben verwendet. Es gibt Branchen, da meint man Magentarot, wenn man Rot sagt und Cyanblau, wenn man Blau sagt: z.B. bei Künstlern und Kunstpädagogen, Druckern und Anstreichern und vielen Autoren. Physiker, Farbmetriker und Computerleute meinen dagegen Orangerot, wenn sie Rot sagen und Violettblau, wenn sie Blau sagen. Hier stecken wir demnach in einem sprachlichen Dilemma, denn es gibt zwei rote und zwei blaue Grundfarben. Und offenbar ist es genauso unmöglich, den Sprachgebrauch der Umgangssprache zu ändern, wie es unmöglich scheint, ihn in den verschiedenen Branchen zu ändern.

Wenn wir die Farbenlehre als eine Wissenschaft begreifen, müssen wir, wie in allen anderen Wissenschaften auch, mit Fachtermini arbeiten, um uns eindeutig und unmissverständlich auszudrücken. In der Computerbranche wird es bei den aus dem Englischen kommenden und inzwischen weltweit eingeführten und akzeptierten Abkürzungen RGB für Rot (Orangerot), Grün und Blau (Violettblau) bleiben. Um in der Wissenschaft der Farbenlehre die Zusammenhänge erklären und verstehen zu können, müssen wir also umlernen bzw. als Eselsbrücke die präzisen Namen der Urfarben und der Grundfarben in Klammern mitführen.

Andere Begriffe

Begriff Erklärung
Primärfarben

Dieser Begriff bezieht sich auf die Ausgangsfarben eines Prozesses.


In der Subtraktiven Mischung (SubMi) sind das die bunten Grundfarben Gelb (Y), Magentarot (M) und Cyanblau (C) im Zusammenwirken mit der Hintergrundfarbe Weié (W).


In der Additiven Mischung sind es die bunten Grundfarben Orangerot (O), Grün (G) und Violettbau (V) im Zusammenwirken mit der Hintergrundfarbe Schwarz (S).


In der Integrierten Mischung (IntMi) sind es alle 8 Grundfarben.


Sekundärfarben Dieser Begriff bezieht sich auf die Mischung von 2 Primärfarben.
Tertiärfarben Dieser Begriff bezieht sich auf die Mischung von 3 Primärfarben.
Hintergrundfarben Dieser Begriff bezieht sich nur auf die Hintergrundfarben Schwarz und Weié in der SubMi und in der AddMi.

In der Farbenlehre müssen Farbnamen und Farbbegriffe gelernt werden wie Vokabeln einer fremden Sprache.

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