Mehrfarbendruck und Druckbedingungen

Genormte Druckfarben und genormte Druckbedingungen

Es war Anfang der 50er Jahre, dass die ersten Druckfarben für den Mehrfarbendruck genormt wurden. Vorher druckte jeder mit Farben, die er sich individuell aus einem Musterbuch auswählte. Aber die Normung der Druckfarben allein garantierte noch keineswegs sichere Druckergebnisse. Denn die Druckbedingungen von Druckerei zu Druckerei und von Druckmaschine zu Druckmaschine waren zu unterschiedlich.

Unter Druckbedingungen versteht man die Einflussfaktoren in der Prozesskette des Offsetdrucks zwischen der Reproduktion einer Bildvorlage und dem Auflagenergebnis. Die Anzahl dieser Einflussfaktoren ist groβ. Rasterwerte unterliegen Gröβenveränderungen z. B. beim Belichten der Auszugsfilme, bei der Plattenkopie für den Andruck und beim Andruck selbst, bei der Plattenkopie für den Auflagendruck, bei der Übertragung der Farbschicht von der Druckplatte auf das Gummituch und schlieβlich beim Druck vom Gummituch auf das Druckpapier.

Harald Küppers stellte sich Anfang der 70er Jahre auf den Standpunkt, dass unter diesen Bedingungen eine sichere Farbwiedergabe im Offsetdruck reine Glückssache sei und ergriff die Initiative zur Standardisierung der Druckbedingungen, die zu Standards der deutschen Druckindustrie und schlieβlich zur Internationalen Norm DIN-ISO 12 647-2 (Deutsche Norm für die Druckfarben DIN 16 539) führte. Darin sind nicht nur die Druckfarben selbst festgelegt, sondern auch die Bedingungen für die Plattenkopie und den Übertragungsprozess auf dem Wege über das Gummituch aufs Druckpapier. Die Gröβenzunahme der Rasterpunkte wird dabei als Tonwertzunahme bezeichnet. Im Prinzip handelt es sich bei diesen Standardisierungen und Normierungen um das, was man heute colormanagement in der Prozesskette des Offsetdrucks nennen würde. (Die Standardisierung der Druckbedingungen im Offsetdruck werden ausführlich in "DuMont's Farbenatlas" erklärt.)

Die standardisierte Beleuchtung

Bei der einführenden Farbenlehre wurde bereits erklärt, welchen Einfluss das Beleuchtungslicht auf das Aussehen von Farben hat. Von der spektralen Zusammensetzung des Beleuchtungslichtes, also von der Lichtart, hängt es ab, welche Lichtstrahlen reflektiert werden können. Denn natürlich können nur jene Strahlen reflektiert werden, die im Licht auch vorhanden sind. Die Sache wird dadurch schwierig, dass zwei verschiedene Materialien, welche bei der einen Lichtart gleich aussehen, bei einer anderen Lichtart sehr verschieden aussehen können. In der Fachsprache nennt man dieses Problem Metamerie. Die verschiedene molekulare Struktur des Materials ist nämlich der Grund für ihr unterschiedliches Absorptionsverhalten.

So erklärt es sich, dass genaue visuelle Übereinstimmung zwischen einem Muster (z.B. einer Bildvorlage) und der Reproduktion (z. B. einem Offsetdruck) nur bei einer vereinbarten Lichtart gewährleistet werden kann. Ein solches standardisiertes Licht nennt man Abmusterungslicht. Dieses Problem ist selbstverständlich immer vorhanden, wenn Farben verglichen werden sollen. Das gilt ebenso für natürliche Farbmuster als auch für Bildvorlagen und für jede Art von Proofs und Prints.

Aus diesem Grunde hat sich die deutsche Druckindustrie für die Abmusterung auf zwei Lichtarten festgelegt. Das sind die Lichtarten "D 50" und "D 65". Dabei hat die Lichtart D 50 eine Farbtemperatur von 5000 Grad Kelvin und entspricht damit dem Spektrum des direkten Sonnenlichtes. Die Lichtart D 65 hat eine Farbtemperatur von 6500 Grad Kelvin und repräsentiert das mittlere Tageslicht in Mitteleuropa. Das "D" bedeutet daylight und weist darauf hin, dass es sich um kontinuierliche Spektren handelt wie beim Tageslicht. Mehr und mehr setzt sich die Lichtart D 50 als einziges Abmusterungslicht in der Druckindustrie durch.

Farbmischung im konventionellen Mehrfarbendruck

Im konventionellen Offsetdruck entstehen die einzelnen Rasterelemente streng nach dem Gesetz der Subtraktiven Mischung. Es wird mit den drei transparenten Farbschichten Yellow (Y), Magenta (M) und Cyan (C) gearbeitet, wobei die Farbschichtdicke immer gleich bleibt. Die Tonwerte werden durch Rastern vorgetäuscht, wobei die Gröβe der Rasterpunkte zwischen null (weiβes Papier) und 100% (volle Fläche der Farbschicht) variieren kann.

Die frei gebliebenen Stellen zwischen den aufgedruckten Rasterelementen repräsentieren Teilmengen der Basisfarbe Weiβ, welche die Aufgabe hat, die Differenzwerte auszufüllen. Wo nur eine einzige Farbschicht an einer Bildstelle vorhanden ist, haben wir es mit Teilmengen der bunten Primärfarben Y, M und C zu tun. Wenn an einer Bildstelle Rasterelemente von zwei bunten Farbschichten übereinander liegen, entstehen die Sekundärfarben Rot (R bzw. O), Grün (G) und Blau (B bzw. V). Wenn schlieβlich Rasterelemente von allen drei bunten Farbschichten übereinander kommen, haben wir es mit Teilmengen der unbunten Farbe Schwarz als Tertiärfarbe zu tun. Betrachtet man die Rasterstrukturen eines konventionellen Offsetdrucks durch eine Lupe, so erkennt man Rasterelemente von allen acht Grundfarben.

Stark vergröβerte Rasterpunkte einer hellgrauen Fläche

Ebenso wie in der Buntfotografie ist es im Mehrfarbendruck möglich, die Farbenvielfalt durch Zusammenwirken der transparenten Farbschichten Y, M und C mit der Basisfarbe Weiβ entstehen zu lassen. Dann haben wir es mit dem Dreifarbendruck zu tun. Der Dreifarbendruck ist aber ein labiler Prozess, der auf die unvermeidlichen Farbführungsschwankungen in der Druckmaschine mit Farbverschiebungen im Farbbild reagiert. Da aber grundsätzlich Texte mit schwarzer Farbe gedruckt werden, steht im Vierfarbendruck Schwarz als vierte Druckfarbe zur Verfügung. Und um dem Farbbild mehr Stabilität zu geben, setzt man dieses Schwarz zur Graustabilisierung ein und dazu, die dunklen Bildstellen zu unterstützen und hier eine bessere Durchzeichnung zu ermöglichen. Diesen Farbauszug für die Druckfarbe Schwarz nennt man Skelettschwarz.

Unbunt-Ausmischung und Bunt-Ausmischung

Im konventionellen Vierfarbendruck stehen, wie erklärt wurde, von den 8 Grundfarben nicht 4, sondern 5 für den Prozess zur Verfügung. Das sind die vier Druckfarben Yellow (Y), Magenta (M), Cyan (C) und Schwarz (S) und dazu die Grundfarbe Weiβ (W) in Gestalt der weiβen Papieroberfläche. Als Konsequenz aus seiner neuen Farbenlehre hat Harald Küppers darauf hingewiesen, dass es unter diesen Umständen nicht sinnvoll ist, die Unbuntwerte im vierfarbigen Druckbild durch dreifarbigen Buntaufbau entstehen zu lassen, wobei bunte Druckfarben sich gegenseitig neutralisieren, um Unbuntwerte zu bilden, und damit praktisch vergeudet werden.

Als Alternative schlägt Küppers den Unbuntaufbau für den Vierfarbendruck vor. Dabei entstehen die Unbuntwerte grundsätzlich aus den unbunten Grundfarben W und S. Bunte Druckfarben werden jetzt nur noch benötigt, um die Buntwerte der Farbnuancen zu bilden. Es können dabei an einer Bildstelle jeweils nur drei der vier Druckfarben zusammen kommen, nämlich die unbunte Farbe S mit Rasterelementen von zwei der drei bunten Druckfarben. Dass diese Technik möglich ist, bewies er mit seinen "systematischen Farbtabellen für den Unbuntaufbau" (Beispiel), die 1978 erstmals in "DuMont's Farbenatlas" veröffentlicht wurden. Eine solche Technik hat wesentliche technologische, ökonomische und ökologische Vorteile.

Zwischen den beiden extremen Möglichkeiten des Bildaufbaus, nämlich dem konsequenten Buntaufbau und dem konsequenten Unbuntaufbau, sind darüber hinaus alle Zwischenstufen möglich. Dies ist einer der Gründe für die Probleme der Kompatibilität beim elektronischen Reproduzieren.

Optimale Farbwiedergabe und der Siebenfarbendruck mit Unbuntaufbau

Sowohl bei der Additiven Mischung als auch bei der Subtraktiven Mischung wäre eine optimale Farbwiedergabe dann möglich, wenn man die jeweils drei bunten Grundfarben so zur Verfügung hätte, wie das theoretisch erforderlich ist. Aber weder die Phosphore in der Rasterplatte des Monitors, noch die Druckfarben können diesen Anspruch erfüllen. Sie weisen unvermeidliche spektrale Fehler auf. Bei den Primärfarben ist das fast nicht zu erkennen. Aber bei den Sekundärfarben treten die Fehler deutlich hervor.

Beim Monitor sind es die Sekundärfarben Gelb (Y), Magentarot (M) und Cyanblau (C), die nur eingeschränkt , nämlich verweiβlicht, wiedergegeben werden können. Beim Drei- und Vierfarbendruck erscheinen die Sekundärfarben Orangerot (R bzw. O), Grün (G) und Violettblau (B bzw. V) verschwärzlicht. Das ist für die Farbwiedergabe von leuchtenden reinen Farben in diesen Sekundärbereichen unbefriedigend.

Deswegen hat Küppers für den Mehrfarbendruck einen Prozess entwickelt, bei dem alle sechs bunten Grundfarben und Schwarz als Druckfarben zur Verfügung stehen: den Siebenfarbendruck. Dafür hat er systematische Farbtabellen erdacht, die er 1987 in "Der Groβe Küppers- Farbenatlas" veröffentlichte und für die er weltweit Patente erhielt.

Ebenfalls weltweit patentiert wurde ein von ihm erfundenes Druckverfahren, bei dem es keine übereinander liegenden Farbschichten mehr gibt, sondern nur noch nebeneinander liegende Flächenelemente. Dabei wird entweder mit 7 transparenten Druckfarben auf weiβem Papier gearbeitet oder mit 8 deckenden Druckfarben, wobei die Farbe des Druckpapiers beliebig sein kann. Dieses von Küppers erfundene Druckverfahren ist sowohl technologisch als auch ökologisch die optimale Lösung für den Mehrfarbendruck. Bei geringstem Einsatz von Ressourcen, nämlich von Papier, Druckfarbe und Trocknungsenergie wird eine optimale Farbwiedergabe und ein stabiler Druckprozess erreicht. (Siehe Buch: "Die Farbenlehre der Fernseh- Foto- und Drucktechnik. Farbentheorie der visuellen Kommunikationsmedien")

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